Grundzüge der Sprachentwicklung

0-6 Jahre cc by-nc-nd Der Text dieser Seite ist, soweit es nicht anders vermerkt ist, urheberrechtlich geschützt und lizenziert unter der Creative Commons Namensnennung-Nicht kommerziell-Keine Bearbeitung Lizenz 3.0 Germany. Bitte beachten Sie unsere Verwendungshinweise. 09.04.2025

Kinder eignen sich Sprache und Sprechen nach eigenen Regeln und anders als Erwachsene an. Wann und wie schnell ein Kind sprechen lernt, ist ganz unterschiedlich.

Baby auf dem Wickeltisch lacht Mutter an
© iStockphoto

Die Voraussetzungen bringt bereits das Baby mit

Das Sprechenlernen ist ein langer Prozess über viele Etappen, zu denen ein Kind jeweils herangereift und bereit sein muss. Wichtige Voraussetzungen hierfür bringt schon das Neugeborene mit:

  • Die Sprachzentren im Gehirn sind bereits bei der Geburt vorhanden. Sie ermöglichen das Verarbeiten und Verstehen von Sprache sowie das Selbersprechen.
  • Auch die für das Sprechen wichtigen Organe und Muskeln sind bei einem gesunden Neugeborenen bereits ausgebildet. Hierzu gehören zum Beispiel das Zwerchfell, Lippen, Zunge und das Gehör.
  • Schon im Mutterleib hat das Kind zusammen mit den typischen Geräuschen, wie zum Beispiel den Herzschlag der Mutter, auch deren Stimme wahrgenommen und ist mit dem Klang und der Melodie der mütterlichen Stimme vertraut geworden.
  • Bereits das Neugeborene vermag es, Sprachlaute aus einer Fülle an Geräuschen herauszufiltern und zeigt eine besondere Vorliebe hierfür.

Neben diesen biologischen Voraussetzungen bringt ein Kind die angeborene Bereitschaft mit auf die Welt, eine Beziehung mit den Menschen einzugehen, die sich ihm zuwenden und es umsorgen. Es möchte sich mit ihnen verständigen und Sprache erlernen.

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Sprechen lernen: Mit allen Sinnen
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Mit einem bis anderthalb Jahren sprechen Kinder die ersten Worte

Kinder eignen sich ihre sprachlichen Fähigkeiten aus eigenem Antrieb an. Die einzelnen Phasen der Sprachentwicklung und ihre Abfolge sind dabei vermutlich bei allen Kindern gleich.
In welchem Alter aber ein Kind zu sprechen beginnt, wie schnell es seinen Wortschatz erweitert und wann es wie gut Sätze bilden und Wörter richtig aussprechen kann, ist von Kind zu Kind ganz verschieden. Deshalb bieten die nachfolgend beschriebenen Etappen der sprachlichen Entwicklung bloß eine grobe Orientierung.

  • Die Mehrheit der Kinder spricht zwischen ein- und anderthalb Jahren die ersten Wörter – meist „Mama“, „Papa“.
  • Manche Kinder sprechen bereits mit neun oder zwölf Monaten ihr erstes Wort. Einige wenige lassen sich aber auch bis zum Alter von etwa zweieinhalb Jahren Zeit. Mädchen sind dabei häufig schneller und tun sich leichter als Jungen.
  • Beim Wortschatz zeigen sich ebenfalls große Unterschiede: Der aktive Wortschatz, also das, was ein Kind bereits spricht, kann bei 20 Monate alten, sich normal entwickelnden Kindern in einer Spanne von fünfzig bis etwa 200 Wörtern liegen.

Ab zwei Jahren werden die ersten kurzen Sätze gebildet

Im Alter von zwei Jahren wächst der Wortschatz Ihres Kindes stetig an. Den ersten Sätzen mit zwei („Mama spielen“) folgen Sätze mit drei Worten („Ich Ball haben“). Der ein oder andere richtige Artikel wird auf dem Weg ins dritte Lebensjahr erlernt („der Ball“, „das Auto“). Durch den größeren Wortschatz kann Ihr Kind auch mehr und genauere Fragen stellen und auch mal „Nein“ sagen.

Ihr Kind kann noch nicht alle Laute wie kl, gr oder sp sprechen und es mixt die Worte in den Sätzen munter durch. Wichtig für Sie als Eltern ist nicht, wie das Kind spricht, sondern was es Ihnen sagen will, um sich verständlich zu machen. Es kennt und sagt seinen Namen.

3. Lebensjahr: Die Sätze werden länger, die Fragen mehren sich

Ihr Kind kann schon den ein oder anderen Satz mit „und“ oder „und dann“ verbinden. Einfache Sätze sind grammatisch richtig: „Der Ball ist bunt“, „Ich habe Hunger.“ Sein Wortschatz vergrößert sich immens, schwierigere Wörter wie „Katze“ oder „Schaukel“ können ausgesprochen werden. Ihr Kind will wissen, was warum um es herum passiert und fragt nicht nur „Was?“, sondern auch „Wie? und „Warum?“. Kindereime und Kinderlieder werden verstanden, nachgesprochen und mitgesungen.

Unterstützen Sie als Eltern Ihr Kind bei der sprachlichen „Eroberung“ der Welt. Antworten Sie geduldig und stimmig auf seine Fragen und fügen vielleicht noch eine Erklärung hinzu: Das Kind sagt: „Da kommt ein gelbes Auto.“ Sie ergänzen: „Das ist das Postauto. Es fährt Briefe und Pakete aus.“ So befriedigen und steigern Sie seine Neugier.

4. Lebensjahr: Es gibt viel zu erzählen

Mit wachsendem Wortschatz möchte Ihr Kind auch mehr erzählen, was es erleben konnte und was es vorhat. Vor lauter Erzählfreude gerät manches Kind ins Stottern, was mit der sich verbessernden Aussprache bald wieder aufhört. Es beginnt, über Vergangenes oder Zukünftiges zu sprechen. Bis auf wenige Ausnahmen (vielleicht Zischlaute wie s, z oder x) beherrscht es alle Laute seiner Muttersprache. Die Bildung von Nebensätzen mit „wenn“, „weil“ oder „als“ gelingt immer besser. 

Unterstützen Sie als Eltern Ihr Kind, wenn es aus Kita oder vom Spielplatz erzählen möchte. Fragen Sie geduldig nach und erklären Unverstandenes. Üben Sie keinen Druck aus, sondern fördern Sie die Sprechfreude Ihres Kindes.

5. bis 6. Lebensjahr: Die Sprachentwicklung ist weitgehend abgeschlossen

Ihr Kind verfügt über einen großen Wortschatz (über 2000 Wörter), kann problemlos Haupt- und Nebensätze bilden und seine Gedanken, auch abstraktere, in Worte fassen. Grammatik (z. B. Zeit-, Pluralformen und Passiv) und Zischlaute werden besser beherrscht.

Als Eltern können Sie weiterhin die Freude Ihres Kindes am Sprechen, Singen und Erzählen durch Nachfragen und eigene Erzählungen und Geschichten fördern.

So lernen Kinder Sprechen und Sprache

Kinder lernen Sprache und Sprechen nach eigenen Regeln und anders als Erwachsene. Sie eignen sich nach und nach die Sprache an, die sie in ihrer nächsten Umgebung hören, ihre Mutter- oder Erstsprache. Und sie tun dies aus ihren täglichen Erfahrungen heraus, aus dem, was sie hören, sehen, fühlen und tun. Gleichzeitig ist die Entfaltung seiner sprachlichen Fähigkeiten von großer Bedeutung für die gesamte Entwicklung des Kindes.

Die Sprachwissenschaft spricht von „ungesteuertem Spracherwerb“ oder von „natürlichen Bedingungen“, wie sie vermutlich nur in den ersten Lebensjahren gegeben sind:

  • In den ersten Lebensmonaten entwickeln Kinder ein immer besseres Ohr für die Sprach- und Satzmelodie, die Laute der Muttersprache und die Betonung von Wörtern.
  • Gleichzeitig erproben sie auf spielerische Weise ihre eigene Stimme. Wenn sie die eher zufälligen Muskelbewegungen immer besser kontrollieren können, geben sie gezielt ihre ersten Laute von sich.
  • Schließlich beginnen Kinder, das, was sie sehen, hören oder tun, zu benennen. Dabei meinen sie zunächst meist mehr, als es das bloße Wort besagt: So kann das Wort „Ball“ je nach Situation bedeuten, dass Ihr Kind den Ball haben oder mit ihm spielen möchte. Ebenso gut kann es aber auch heißen, dass der Ball weg ist.
  • Aus der gehörten Sprache ihrer Umgebung erschließen sich Kinder selbstständig die innere Logik und Struktur der Sprache: Nach und nach leiten sie die Regeln über den Gebrauch der Wörter und über den Satzbau ab und wenden sie zunächst konsequent an. Dabei erschaffen sie für uns Erwachsene oft ungewöhnliche Wörter und Satzkonstruktionen, wie zum Beispiel „Mama ist fortgegeht“.

Über solche ganz normalen Phasen in der sprachlichen Entwicklung lernen Kinder selbstständig und auf ihre Weise allmählich die vielfältigen Regeln der Wortbildung und des Satzbaus samt deren Ausnahmen – und das, ohne sich die Regeln je bewusst gemacht zu haben!

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