Neurodermitis (atopische Dermatitis) bei Kindern

0-6 Jahre

Neurodermitis ist die häufigste chronische Hauterkrankung im Kindesalter. Besonders quälend für das Kind ist der damit verbundene Juckreiz.

Kleines Mädchen kratzt sich
© Corbis Images

Ursachen und Verlauf der Neurodermitis (atopischen Dermatitis) sind vielschichtig

Neurodermitis (auch atopische Dermatitis oder atopisches Ekzem genannt) ist eine schubweise verlaufende und mit quälendem Juckreiz verbundene entzündliche Hauterkrankung. Die Ursachen und ihr Verlauf sind vielschichtig.

In Deutschland leidet etwa jedes sechste bis zwölfte Kind unter sechs Jahren an Neurodermitis oder atopischer Dermatitis. Bei ungefähr einem Drittel der Kinder verringern sich die Symptome im Laufe der Jahre und verschwinden schließlich ganz. Bei anderen verschiebt sich die Symptomatik von den Hauterscheinungen zu anderen allergischen Erkrankungen wie Heuschnupfen oder Asthma.

Die Ursachen der Neurodermitis oder atopischen Dermatitis sind nicht eindeutig geklärt. Als wesentlicher Faktor gilt jedoch eine angeborene Veranlagung. Wegen der familiär gehäuft auftretenden Veranlagung zur Entwicklung von Überempfindlichkeitsreaktionen und weil häufig ein Zusammenhang mit anderen allergischen Erkrankungen besteht, wird die Neurodermitis auch als „atopische Dermatitis“ oder „atopisches Ekzem“ bezeichnet. So liegt das Erkrankungsrisiko eines Kindes mit einem betroffenen Elternteil bei 20 bis 40 Prozent, wenn beide Eltern unter Neurodermitis leiden, sogar zwischen 60 und 80 Prozent.

Neben dieser genetischen Veranlagung spielen aber auch Umweltfaktoren und körperliche Belastungen, Infekte und Allergene (zum Beispiel Lebensmittel, Pollen, Hausstaub, Tierhaare) eine Rolle. Belastende aber auch aufregende Ereignisse, wie zum Beispiel die bevorstehende Einschulung, können einen Krankheitsschub auslösen oder die Symptome verstärken.

Säuglinge sind von atopischer Dermatitis besonders betroffen

Neurodermitis (atopische Dermatitis) kann grundsätzlich zu jeder Zeit auftreten, am häufigsten beginnt sie aber schon im Säuglingsalter.

Ausschließliches Stillen in den ersten vier Lebensmonaten und die Einführung von Beikost nicht vor Vollendung des vierten Lebensmonats können jedoch das Risiko für eine atopische Dermatitis nachweislich stark verringern. Ebenfalls positiv auszuwirken scheint sich die Pflege der Haut durch das konsequente tägliche Eincremen des gesamten Körpers. Das gilt auch für Kinder, deren Haut nicht trocken erscheint. Bei der Suche nach einer geeigneten Pflegecreme hilft der Kinderarzt bzw. die Kinderärztin. Wenn in der Familie (Eltern oder Geschwisterkinder) bereits Allergien vorkommen, empfiehlt es sich, sich bereits vor der Geburt über Möglichkeiten der Vorbeugung zu informieren.

Erstes  Anzeichen einer Neurodermitis kann sogenannter Milchschorf im Gesicht und an den Außenseiten von Armen und Beinen sein. (Eine fettige gelbliche Schuppung der Kopfhaut hat nichts mit Milchschorf zu tun.) Die Haut ist gerötet, nässt und ist mit Schuppenkrusten bedeckt. Besonders quälend für das Kind ist der damit verbundene Juckreiz. Im späteren Verlauf entwickeln sich aus diesen Hautrötungen stark juckende schuppige Ekzeme (auffällige Hautbereiche), die sich bei Säuglingen vermehrt im Gesicht, an den Ohren und anderen Bereichen des Kopfes zeigen. Im Kleinkindalter sind oft die Gelenkbeugen der Arme und Beine, der Hals und die Hände betroffen.

Im akuten Schub können sich die Ekzeme auf die gesamte Haut ausdehnen. Da der Juckreiz nur schwer zu beherrschen ist, können durch das Kratzen Bakterien und Viren in die geschädigte Haut eindringen und Infektionen verursachen.

Oftmals kommt es ab dem Kleinkindalter zu einer Verbesserung des Hautbildes. Kinder, die atopische Dermatitis haben oder hatten, haben allerdings ein erhöhtes Risiko in späteren Lebensjahren an anderen allergischen Erkrankungen wie Heuschnupfen oder Asthma zu erkranken.

Nicht jede Hautreizung bedeutet eine atopische Dermatitis

Nicht jede Hautreizung ist gleich eine Neurodermitis (atopische Dermatitis). Wenn Sie jedoch Hautveränderungen bei Ihrem Säugling oder Kind feststellen, sollten Sie das Kind erst einmal über einige Zeit genau beobachten.

Auf eine atopische Dermatitis kann hindeuten,

  • wenn Sie als Eltern oder Geschwister des Kindes schon eine allergische Erkrankung haben oder in der Vergangenheit hatten,
  • wenn sich Ihr Kind häufig kratzen muss und die Hautstellen auffällig jucken,
  • wenn die Ekzeme über einen längeren Zeitraum immer wieder auftreten,
  • wenn Stress und andere Einflussfaktoren, wie zum Beispiel Wetter, Impfungen, Zahnen, Infekte, Schwitzen, Kleidung, besondere Lebensmittel, Cremes oder Waschmittel das Hautbild verschlechtern.

Wenn einzelne oder alle genannten Anzeichen auf Ihr Kind zutreffen, sollten Sie mit Ihrem Kinderarzt oder Ihrer Kinderärztin sprechen. Dabei wäre es von Vorteil, wenn diese zusätzlich Allergologen sind.

Bei einer atopische Dermatitis sind Geduld und Aufmerksamkeit gefragt

Die Suche nach den Faktoren, durch die sich die Neurodermitis verbessert oder verschlechtert, erfordert sehr viel Geduld und Aufmerksamkeit. Da die Erkrankung bei jedem Menschen anders verläuft, gestaltet sich auch die Behandlung unterschiedlich. Nur gemeinsam mit dem Arzt kann festgestellt werden, ob tatsächlich eine Neurodermitis vorliegt, und ein Behandlungsplan aufgestellt werden soll.

Eventuell wird Ihnen empfohlen, einen so genannten Neurodermitis-Beobachtungsbogen zu führen. Dieser ist hilfreich, um die für Ihr Kind entscheidenden Faktoren für die Verschlechterung der Neurodermitis herauszufinden. Genaueres besprechen Sie bitte mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt.

Etwa jedes dritte Kind mit Neurodermitis leidet zusätzlich unter einer Lebensmittelallergie. Hier kann eine fachkundige Ernährungsberatung helfen, die Auslöser zu identifizieren und durch geeignete Lebensmittel zu ersetzen.

Zur Linderung der Neurodermitis können Sie einiges tun

Kinder mit Neurodermitis (atopischer Dermatitis) haben generell eine sehr trockene Haut. Bei ihnen sind der Harnstoffgehalt, der für den Feuchtigkeitsgehalt der Haut wichtig ist, und die Talgproduktion, die einen schützenden Fettfilm bildet, stark verringert. Auch aus diesem Grund reagieren sie sehr empfindlich auf äußere Reize, wie beispielsweise Wolle, Seide, zu enge Kleidung, Schweiß, Chlorwasser, Badezusätze und anderes.

Wenn Ihr Kind an einer Neurodermitis (atopischen Dermatitis) leidet, können Sie deshalb zur Linderung beitragen, wenn Sie einige grundsätzliche Verhaltensweisen beachten:

  • Besonders wichtig ist die tägliche Hautpflege; die Haut sollte täglich, besonders nach dem Duschen oder Baden, mit einer rückfettenden Pflegesalbe eingecremt werden. Kurze, nicht zu heiße Ölbäder oder rückfettende Badezusätze können ein Austrocknen der Haut verringern.
  • Wenn Ihr Kind alt genug ist, sollten Sie es lieber duschen als baden, da hierbei die Haut weniger austrocknet.
  • Zu enge Kleidung wie auch Wolle, Seide oder Kunstfasern können die Haut reizen. Ziehen Sie Ihrem Kind deshalb möglichst weite Kleidung aus Baumwolle oder Leinen an.
  • Waschen Sie neue Kleidungsstücke vor dem ersten Tragen mehrmals und spülen Sie sie gründlich aus.
  • Achten Sie darauf, dass die Fingernägel des Kindes immer kurz geschnitten sind, um zusätzliche Hautinfektionen durch Kratzen zu verhindern.
  • Vermeiden Sie Überwärmung, denn Schwitzen verstärkt den Juckreiz.

Belastungen für Kind und Eltern bei Neurodermitis mindern

Wenn ein Kind Neurodermitis (atopische Dermatitis) hat, bedeutet dies oft eine besondere Belastung für das Kind selbst wie auch für die gesamte Familie und beide erleben Einbußen der Lebensqualität. Hier finden Sie einige Hinweise, was häufig besonders belastend empfunden wird und wie Sie dem entgegenwirken können:

  • Säuglinge haben – bedingt durch das nächtliche Kratzen – oft Schlafprobleme und sind häufig unruhiger am Tag. Die Eltern der betroffenen Säuglinge leiden – neben der belastenden Erkrankung ihres Kindes – ebenfalls an Schlafmangel. Hier ist es wichtig, klare Vereinbarungen zu treffen, wer sich nachts um den Säugling kümmert. Es sollte für jeden Partner mindestens einmal die Woche möglich sein durchzuschlafen.
  • Außenstehende, die die äußerlichen Verletzungen des Säuglings sehen, sprechen die Eltern darauf an und erteilen häufig Ratschläge. In einem solchen Fall sollten Eltern klar aber bestimmt ihre Meinung äußern können und gegebenenfalls darauf hinweisen, dass man bereits in Behandlung ist.
  • Darüber hinaus setzen Eltern häufig sehr viel Energie in die Suche nach einem erfahrenen Arzt oder Heilpraktiker. Wichtig ist, einen qualifizierten Ansprechpartner zu finden, der das Vertrauen der Eltern wie auch des Kindes hat. Alternative Verfahren können zwar gelegentlich den Verlauf der Erkrankung positiv beeinflussen, jedoch ist Vorsicht geboten. Es gibt viele Angebote, die hohe Kosten verursachen, aber nicht hilfreich sind.
  • Kleinkinder haben häufig mit Hänseleien durch andere Kinder zu kämpfen. Wichtig ist es, den Kindern so früh wie möglich ein Krankheitsverständnis zu vermitteln.
  • Jugendliche schämen sich, ihren Körper zu zeigen. Auch hier ist es wichtig, dass sich die Betroffenen aktiv mit ihrer Erkrankung auseinandersetzen und in ihrem Selbstwertgefühl gestärkt werden.

Qualitätsgesicherte Neurodermitis-Schulungen

Die genannten Belastungen und viele andere Auswirkungen der Neurodermitis machen es betroffenen Kindern und Jugendlichen oft schwer, im täglichen Leben mit ihrer Erkrankung umzugehen. Aber es gibt Wege, die trotz der Erkrankung ein erfülltes Leben ermöglichen. So gibt es in fast allen Städten qualitätsgesicherte Schulungen für betroffene Eltern, Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Erkundigen Sie sich in der Kinderklinik, bei Ihrer Krankenkasse oder in der Arztpraxis danach.

Hilfreich kann auch der Austausch mit anderen Betroffenen sein, zum Beispiel in Selbsthilfegruppen oder Internetforen.

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